die Chronik zu Jahren 1982 bis 1988


Die Chronik der K.G. Alt-Köllen vun 1883 e.V.
Von Frank Tewes

 

Die „100” ist voll – Ein rauschendes Jubiläumsjahr mit Papstbesuch

Als einer der glanzvollen Höhepunkte in der bisherigen Vereinsgeschichte ging das 100-jährige Jubiläum in der Session 1982/83 ein. Eng verbunden mit dem „Hundertjährigen” ist übrigens der Begriff „Volkssitzung”. 1983 wurde es erstmals als besonderes, außergewöhnliches Karnevalsbonbon für die Stadt und ihre Bürger anlässlich des Jubiläums angeboten: Denn die Karnevalisten wollten nicht nur sich selbst feiern, sondern auch denjenigen eine Sitzung ermöglichen, die wegen Kartenmangel zu kurz gekommen wären. So entschloss man sich zu einer Sitzung im Festzelt mitten in Köln. Karneval mit Volksfest-Atmosphäre, so sollte es sein. Vor dem Zelt drehte sich unermüdlich ein historisches Kinderkarussell – wie die KG genau 100 Jahre alt. Es gab eine „Rievkooche-Bud” vor dem Zelt und eine Gulaschkanone, aus der „Ähzezupp” ausgeschenkt wurde.

Volkssitzung Neumarkt Eine für damalige Verhältnisse sehr aufwändige Jubiläumsschrift beleuchtete die ereignisreiche Alt-Köllen-Historie und bot viele Einblicke in die Geschichte von Stadt und Karneval. Dem Buch beigegeben war eine Jubiläums-Schallplatte im „Single-Format”, 45 Umdrehungen/Minute: Die Colonia-Bigband und der Quartettverein Longerich intonierten auf der A-Seite den Büttenmarsch der KG Alt-Köllen, während auf der B-Seite der Tanzmarsch zu hören war, gespielt vom Hackenberger Heeresmusikkorps 5 der Bundeswehr. Aufwändig war auch die neue Standarte, die vom Senat gestiftet worden war. Sie wurde feierlich im Hohen Dom zu Köln geweiht. Dompropst Hans-Werner Ketzer gab den Segen und wurde nach dem Gottesdienst zum Ehrenmitglied ernannt. Eine weise Entscheidung des Präsidenten, sich mit dem Kirchenmann gut zu stellen, wie sich später zeigen sollte.

Zurück zur Volkssitzung: Was als einmalige Aktion gedacht war, entwickelte sich zum Dauerbrenner. Aus der ursprünglichen Veranstaltung wurde schon nach zwei Jahren ein Wochenend-Marathon mit zwei Zelt-Sitzungen auf dem Neumarkt. „Wir könnten hier eine ganze Woche feiern”, erklärt der heutige Senatspräsident Wolfgang Kaup. Von Beginn an stand das jecke Nümaat-Treiben im Zeichen eines „volkstümlichen Karnevals”, bei dem hochkarätiges Vergnügen mit namhaften Stars des Fasteleers zu bezahlbaren Preisen angeboten wird. Wenn die Überschüsse der vorangegangenen Zeltsitzungen ausreichen, eine weitere Sitzung zu finanzieren, schenken die Karnevalisten diese der Stadt Köln. Die lädt dann größtenteils Menschen mit Behinderungen und Senioren auf den Neumarkt ein. Diese Art von „jecker Sozialpolitik” wurde viele Jahre von den jeweils mehr als 3000 Gästen im Festzelt begeistert aufgenommen – heute gilt das soziale Engagementder KG aus den Zeltsitzungen der Kinderonkologie der Universitäts-Kliniken Köln. Nicht mehr wegzudenken ist darin die „Volksproklamation” des Kölner Dreigestirns. Heute will wohl kaum ein Dreigestirn dieses Bad in der Menge missen. Bewegte Bilder von diesem Ereignis erhält übrigens mittlerweile jedes Dreigestirn in Form eines Video-Mitschnitts, den Alt-Köllen-Mitglied Manfred Köhnen mit professioneller Ausrüstung anfertigt.

Zur Jubelsession 1983 lag es nahe, dass die Gesellschaft auch das Kölner Dreigestirn stellte. Ein echtes Alt-Köllen-Trifolium – das hatte es in der Geschichte der Gesellschaft noch nie gegeben. Drei Tage vor der Prinzenproklamation platzte jedoch eine „Bombe”: Der designierte Karnevalsprinz Hans-Rudolf Ehser war plötzlich zurückgetreten. Auf der Prinzenstandarte hatte die Firma Carl Adler bereits den Schriftzug „Rudi I.” gestickt. Dieser wurde ersetzt durch „Kurt II.”, denn Alt-Köllen-Präsident Kurt Ludes sprang persönlich in die Bresche. Ein goldrichtiger Entschluss, denn hinterher waren sie nicht nur in der KG sondern in ganz Köln richtig stolz auf das Dreigestirn Prinz Kurt II. (Ludes), Bauer Reinhold (Schornstein) und Jungfrau Hansi (Salchert). Sie erwiesen sich als würdige Botschafter des Karnevals und der Stadt Köln. Eine bislang einmalige Auszeichnungfür eine Kölner Karnevalsgesellschaft war dabei die Privataudienz des Dreigestirns bei Papst Johannes Paul II. im Vatikan am 24. Oktober 1983. Das Dreigestirn und die begleitenden Karnevalistensowie hochrangige Kölner Kirchenvertreter erhielten den apostolischen Segen und nahmen die Grüße des Kirchenoberhauptes an die Stadt Köln und ihre Bürger, die er ja noch bestens von seinem Besuch im Jahr 1980 in Erinnerung hatte, entgegen.

„Eingefädelt” wurde die Audienz von Joseph Kardinal Höffner, der schon damals die Tradition pflegte, das jeweilige Kölner Dreigestirn im erzbischöflichen Palais zu empfangen. Höffner stellte bei diesem Empfang die – wohl eher rhetorisch gemeinte – Frage, ob es nicht mal eine tolle Sache für Köln und den Karneval wäre, wenn der Papst in Rom ein Kölner Dreigestirn empfangen würde. Nach der Session hakte Kurt Ludes beim Kardinal noch einmal schriftlich nach. Ein reger Briefwechsel zwischen Dreigestirn und Kardinal sowie zwischen Kardinal und Vatikan folgte, bis schließlich die Einladung nach Rom eintraf. Neben dem Dreigestirn war selbstverständlich die Equipe mit an Bord der Lufthansa-Maschine. Weitere Begleiter waren der Vorstand der KG, Präses und Domvikar Manfred Melzer sowie der Träger der „Goldenen Mütze”, Dompropst Heinz Werner Ketzer.

In der „Nach-Jubiläums”-Session gab sich die KG keineswegs kniestig gegenüber ihren Gästen. Im Gegenteil: Zur Prunksitzung ließ sich der Vorstand eine ganz besondere Überraschung einfallen. Zum Ende des genau 333 Minuten langen Spektakels im Sartory-Saal wurde an die Besucher ein „Alt-Köllen-Express” verteilt. Auf vier reich bebilderten Zeitungsseiten war das Sitzungsgeschehen festgehalten. Eine kostenlose Erinnerung „für unsere Freunde in der heutigen Nacht”. Überschrift: „Das war Spitze!” War es tatsächlich, wenn man berücksichtigt, dass Digitalfotografie, E-Mail-Versand und Desktop-Publishing noch Fremdworte im Jahr 1984 waren.

Kurt Ludes übergab nach der Session 1984 nach 16-jähriger Präsidentschaft die Amtskette an Reinhold Schornstein. In den drei Jahren seiner Amtszeit wuchs die Alt-Köllen weiter. Aus beruflichen Gründen konnte der Kölner Bauer aus dem Jubiläumsjahr jedoch das Amt nicht mehr ausüben. 1987 sprang Ehrenpräsident Kurt Ludes in die entstandene Lücke und nahm erneut für zwei Jahre den Präsidentenstuhl wieder ein.

 

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