125 Jahre fest mit dem Kölner Karneval verwurzelt


Die Chronik der K.G. Alt-Köllen vun 1883 e.V.
Von Frank Tewes

Aufbruchstimmung herrschte in den 1880er Jahren in Köln zur Grüngszeit der KG Alt-Köllen. Der wirtschaftliche Aufschwung war - allein anhand der Einwohnerzahlen - nicht zu übersehen. Die Stadt wuchs und wuchs: Als der Karneval 1823 seine Reform erhielt, hatte Köln etwas mehr als 50 000 Einwohner, 1861 waren es schon mehr als 120 000, nach dem Krieg von 1871 über 129 000 und 1880 beinahe 145 000. Inzwischen hatten sich zudem rings um die Stadt Vororte gebildet, die zum großen Teil industriellen Charakter hatten und die auch rund 70 000 Einwohner aufwiesen.

Dann kam die Stadterweiterung von 1881. Man begann, den Ring der mittelalterlichen Stadtmauer niederzureißen. Köln machte sich daran, aus dem Jahrhunderte währenden Schutz, aber auch der Enge dieses Mauerringes auszubrechen. Schon war die „Neustadt” im Entstehen, und sicher hatten auch um diese Zeit bereits einige der Stadtoberen ein Auge auf die prächtig gediehenen Vorstädtchen Nippes und Ehrenfeld geworfen, um sie der „Mutter Colonia” einzuverleiben. Durch die große Eingemeindung von 1888 nahm Köln die mittelalterliche Tradition der Großräumigkeit wieder auf und dehnte sich räumlich ins Weite – 1890 hatte Köln 290 000 Einwohner.

Aufbruchstimmung, tiefgreifende Veränderungen im Stadtbild, die Perspektive, sich zur modernen Großstadt zu entwickeln – das erzeugt immer auch ein Bewusstsein für das Traditionelle und die Rückbesinnung auf das Altbewährte. Es waren aber nicht nur Vorbehalte vor Neuem, sondern auch konkrete Erfahrungen, dass sich der Karneval zu dieser Zeit gewandelt hatte: „Unmoral auf Bällen und Sitzungen, zweideutige Gassenhauer und Zoten jedweder Art bestimmten leider das Bild”, schrieb ein ernsthaft besorgter Chronist jener Tage. Wohl auch vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, dass sich die Gründerväter zweier neuer Karnevalsgesellschaften bei den ersten Überlegungen im Laufe des Jahres 1882 für die Namen „KG Aehnze Kähls” und „KG Alt-Cöllen” entschieden. Zwischen den ernsten Kerlen und den Alt-Kölnern bestand von Beginn an eine enge Freundschaft. Vielleicht auch, weil die jeweiligen Gründer beide aus kaufmännischen Branchen stammten. Senfgroßhändler Matthias Bein aus der Eintrachtstraße stand für die KG Aehnze Kähls und Buchhändler Wilhelm Müller ist als Gründer der KG Alt-Cöllen verzeichnet. Er wohnte in der Lintgasse, unmittelbar am Alter Markt – altkölnischer geht es kaum.

Wilhelm Müller Als offizielles Gründungsjahr der KG Alt-Cöllen ist das Jahr 1883 terminiert. Wilhelm Müller nahm als Präsident gleich das Narrenzepter in die Hand und führte es „mit Mutterwitz und sprudelndem Geist”, wie es ein früherer Chronist formulierte. Als Gründungsort fungierte die Wirtschaft „Im Kranz” in der Mühlengasse – und hier gelobte man, „auf Gedeih und Verderb zu den Aufgaben zu stehen”. Im Laufe der bislang wechselvollen Geschichte der Gesellschaft sollte sich dieses Versprechen noch mancher in Erinnerung rufen.

 

Schneller Aufschwung mit echt kölschem Humor

 

Sessionsorden 1883 Echter kölscher Humor wurde gewissermaßen zur Pflichtaufgabe für Mitglieder und Besucher der Veranstaltungen. Was darunter zu verstehen war, lautete zusammengefasst folgendermaßen: Ohne Zweideutigkeiten, der Moral streng Rechnung tragend und Religion aus dem Spiel lassend. Jedenfalls wurde „Alt-Cöllen” unter der Ägide von Wilhelm Müller beim Kölner Publikum schnell zu einer beliebten Adresse, wenn es um zünftige Brauchtumspflege ging. Nicht weniger als sieben Sitzungen und vier Bälle – also jecke elf Veranstaltungen insgesamt – hielt die KG zum Beispiel im Jahr 1887 im Piusbau in der Sternengasse ab. Für eine derart junge Gesellschaft war dies sicherlich auch unter damaligen Gesichtspunkten bereits eine ordentliche Dimension.

 

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